Nötigung ist in Ordnung

Gestern fuhr ich vom Ebertplatz aus die Neusser Straße entlang und hielt ordnungsgemäß an der roten Ampel über die Innere Kanalstraße. Den ausschließlichen Fußgängerüberweg nutzte ich nicht (zu dem ich sowieso nur über den Gehweg durch überfahren der roten Ampel gelangt wäre) und fuhr danach auch nicht im Rechtsabbieger auf den Anfang des angeblich benutzungspflichtigen Radweges (Streetview) sondern blieb auf der Fahrbahn.

Nach ca. 100m hupt es mehrmals neben mir und ein grüner VW Sharan (Kennzeichen bekannt) überholt mich so dicht, dass ich durch das offene Fenster hätte greifen können. Die geschrienen Wörter des Fahrers verstehe ich leider nicht. An der nächsten Ampel habe ich ihn natürlich wieder ein und gebe ihm Zeichen, das Fenster herunterzukurbeln, um ein klärendes Gespräch zu führen. Als er außer weiteren Beschimpfungen nur noch zu erkennen gibt, dass er die Polizei holen will, setze ich mich vor das Auto und mache ein Foto von Kennzeichen und Personen.

Des Autofahrers Glück ist eine vorbeifahrende Streife, die er wild gestikulierend anhält. Während der Wagen wendet beschimpfen er und seine Frau mich wild (Arsch! usw.) und als die beiden Damen von der Polizei aussteigen hat er sich noch immer nicht einbekommen. Die braunhaarige der beiden pflaumt ihn dann sogleich an, was das denn hier solle und dass er doch mal runterkommen sollte.

Er wollte mir doch nur sagen, dass ich falsch fahre! Ich muss schließlich auf den Radweg, deswegen hat er mich angehupt. Ich sage, dass er mich genötigt hat, indem er mich wiederholt angehupt hat und sehr knapp überholt hat. Es wäre ja nun nichts passiert und wir haben ja nun beide Schuld, da muss sie nun mit uns mal reden, wie im Kindergarten! Wir sollten uns die Hand geben und gut wäre es. Schließlich werden sonstwo in Köln Menschen verletzt und die Lappalie hier hält sie nur auf.

Finden Sie das in Ordnung, dass der Herr mich anhupt und abdrängt?

Frage ich die braunhaarige. Ich hätte schließlich auf dem Radweg zu fahren und außerdem…

Finden Sie das in Ordnung, dass der Herr mich anhupt und abdrängt?

frage ich noch einmal. Und so langsam geht ihr auf, dass es anscheinend nicht in Ordnung ist. Aber der Polizisten Allzweckwaffe in solchen Fällen kommt auf dem Fuße: „Ich bin ja auch Radfahrerin!“ Belässt es aber dann bei einer Verwarnung, dass man nicht innerorts hupt und nur dann überholen darf, wenn genug Platz vorhanden ist. Apropos: Überholabstand, da reicht es aus, dass man das andere Fahrzeug nicht behindert.

So langsam hole ich ein wenig mit Regelwerk aus, was die Standardreaktion Nummer 2 zu Tage fördert: „Das haben sie aber toll auswendig gelernt!“ Schön, dass die deutschen Ordnungshüter so selbstsicher sind.

Wir sollten uns dann schnell das Pfötchen drauf geben und weiterfahren, so dass wir uns nicht noch an die Gurgel gehen. Sprach’s und verschwand im vorbildlich abgestellten blau-grauen Blechkasten.

Achtung! Mein Fazitteil enthält Sarkasmus und ist bewusst überzeichnet!

Fazit 1:

Eine Unfallaufnahme läuft in dem Schema ab:

  1. Schuld auf alle aufteilen, wenn niemand verletzt ist.
  2. Alle behandeln wie kleine Kinder, um klarzustellen, dass nichts passiert ist, was geregelt werden muss.
  3. Berechtigte Kritik mit Autorität abkanzeln.
  4. Weiter fahren.

Fazit 2:

Nötigungen von Autofahrern an Fahrradfahrern sind in Ordnung und werden polizeilich geduldet. (Ein Bekannter von mir ist sogar von einem Autofahrer ins Gesicht geschlagen worden und der gab es vor der auch Polizei zu. Verfahren wegen mangelnden öffentlichen Interesses eingestellt.)

Fazit 3:

Man muss einen Radweg auch dann benutzen, wenn man anhalten muss, um den Bordstein hochzukommen. Selbst auf einer so stark befahrenen Straße, wie der Neusser. (Sagt jedenfalls die braunhaarige)

Fazit 4:

Polizeifahrzeuge dürfen auf Radwegen parken, um die Benutzungspflicht aufzuheben.

Fazit 5:

Ich fahre einfach wie ich will. Im Notfall nötige ich ab sofort Autofahrer, die mich schneiden oder sich nicht an die StVO handeln. Es ist wohl erlaubt.

Fazit 6:

Mein Glaube an gerechte und kompetente Ordnungshüter ist hiermit endgültig niedergeschlagen. Ab sofort lege ich mir einen Verkehrsrechtschutz zu und werden auch zum Querulanten, um dann oft die geliebte Post zu bekommen: Verfahren wegen mangelnden öffentlichen Interesses eingestellt.

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