Realität unerwünscht

Letzten Mittwoch trat hier in Köln die neue Stadtordnung in Kraft, die der Rat der Stadt Köln verabschiedet hatte.

Was hat das mit Fahrradfahren zu tun? Betrachten wir uns §22 der Stadtordnung auf Seite 8 des PDFs:

§ 22 Fahrzeuge
Das Fahren, das Parken, das Mitführen oder Abstellen von Kraftfahrzeugen, Fahrzeugen, Anhängern und mehrspurigen Fahrrädern
– auf Baumscheiben, Baumbeeten oder Ähnlichem,
– auf außerhalb der öffentlichen Straßen angelegten Grünstreifen,
– in öffentlichen Grünflächen und
– auf öffentlichen Spiel- und Bolzplätzen
sind verboten. Ausgenommen sind Krankenfahrstühle, Senioren- und Behindertendreiräder sowie Dienst- und Rettungsfahrzeuge.

Fahrräder sind Fahrzeuge. Kinderanhänger sind Anhänger und Kinderlastenräder mitunter auch mehrspurige Räder. Die dürfen nun nicht mehr mit auf die Kölner Wiesen oder Kinderspielplätze genommen werden. Eine Ratsfrau erklärte auf Facebook, dass die eigentliche Intention war, die lästigen Bierbikes fernzuhalten.

Die alten Stadtordnungen beschränkten sich noch auf Kraftfahrzeuge (vgl. hier Anlage 2, S. 17):

§ 6 Kraftfahrzeuge (KStO)
(2) Das Fahren, Parken und das Abstellen von Fahrzeugen auch auf außerhalb der öffentlichen Straßen angelegten Grünstreifen ist untersagt.

§ 4 Nutzung der Anlagen (GrünflO)
2. Untersagt ist auf öffentlichen Grünflächen:
– das Fahren oder Abstellen von Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeuganhängern;

§ 5 Benutzungsregeln (Spiel.S)
(2) Dementsprechend sind insbesondere verboten:
b) das Fahren und Abstellen von Kraftfahrzeugen,

Bin gespannt, ob die Formulierung noch präzisiert wird und wenn nicht, wie die neue Stadtordnung dann durchgesetzt wird.

Nachtrag 27.04.14

Es ist noch größerer Unfug, als ich vermutete, denn in der Satzung steht explizit, dass die Wege durch die öffentlichen Grünflächen zu den Grünfläche dazu zählen. Vgl.:

§2 Begriffsbestimmungen
(2) Öffentliche Anlagen und Einrichtungen im Sinne dieser Verordnung sind ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse alle der Allgemeinheit zur Verfügung stehenden Flächen und Objekte:
[…]
1. Zu den öffentlichen Grünflächen gehören darin liegende Wege und Plätze, nicht straßenrechtlich gewidmete Parkplätze und oberirdische Gewässer zweiter Ordnung sowie zum Beispiel Vogelschauen, Tier- und Wildparks, der Botanische und der Forstbotanische Garten, der Rheingarten, die am Rheinufer gelegenen Park- und Spielflächen in Rodenkirchen, die Zündorfer Groov, der Rheinpark und die Deutzer/Poller Wiesen von der Severinsbrücke bis zur Rodenkirchener Brücke.

De facto sind damit ziemlich viele Wege in Köln nun für Fahrradfahrer verboten. Wird immer doller, passt aber grundsätzlich zum Status den das Fahrrad (noch) hat: Spielzeug, nicht Verkehrsmittel.

Strafen

§ 33 Ordnungswidrigkeiten
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig im Geltungsbereich dieser Verordnung
[…]
36. entgegen § 22 Kraftfahrzeuge, Fahrzeuge, Anhänger oder mehrspurige Fahrräder auf den genannten Bereichen fährt, parkt, mitführt oder abstellt,
[…]
(2) Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 kann gemäß § 17 Abs. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße bis zu 1.000,– Euro geahndet werden.

9 Replies to “Realität unerwünscht”

  1. Auf wenn die Stadt meint nicht gegen Radfahrer dort unternehmen zu wollen, so hat man trotzdem als radfahrer ab jetzt schlechte Karten.
    Im Falle eines Unfalls z.B. ist man rechtlich immer im Nachteil. Man hätte dort ja nicht fahren dürfen.

  2. Ich bekam heute per E-Mail eine freundliche Antwort einer Mitarbeiterin der Stadt Köln.

    Zitat: „Fahrradanhänger, die für den Kindertransport konzipiert wurden sind von §22 der Kölner Stadtordnung ausgeschlossen. Das bedeutet, dass Sie weiterhin mit Lastenfahrrädern bzw. Fahrrädern mit Kinderanhängern durch öffentliche Grünflächen fahren dürfen.“

  3. Moin Dirk,

    dann legt die Stadt Köln leider ihre eigene Verordnung falsch aus. Alle Fahrräder sind verboten. So steht es da und alles andere ist meiner Meinung nach Makulatur.

    Danke, dass du angefragt hast und die Antwort hier teilst.

    Gruß

  4. „[…] die lästigen Bierbikes fernzuhalten […]“
    Nur mal so interessehalber die Frage: Sind schon Unfalltote durch die Bierbikes zu beklagen? Ansonsten kümmert man sich wohl besser um besoffene Autofahrer welche Unfälle bauen und hirnbefreite Verkehrsplaner bei der Stadt Köln.

  5. Moin Peter,

    ich denke es ging eher um die Beschwerden beim Ordnungsamt wegen der Lärmbelästigung. Dann war jemand schlau, oder hat das zumindest gedacht und schwupps: Mehrspurige Fahrräder verbieten ist die Lösung… natürlich nicht…

  6. Hauptsache wir haben wieder mal ein Verbot ausgesprochen. Überhaupt kann man ja nicht genug verbieten. Ist ja so einfach!!! Die verstricken sich derart in ihre Gesetze und Verbote, das kann doch langsam echt keiner mehr ernst nehmen.

  7. Die Frage ist auch, ob der Gemeingebrauch auf den Wegen durch Stadtrecht überhaupt eingeschrenkt werden kann.

    Bei entsprechenden Einschränkungen zum Abstellen von Rädern in Fußgängerzonen und Gehwegen haben sich ja schon andere Städte blutige Nasen geholt.

    Aber die Gerichtsverfahren zahlt ja eh der Steuerzahler.

  8. Ganz ehrlich, als Fahrradfahrer kommt man sich immer mehr veralbert vor, heutzutage!

    Statt Dankbarkeit, dass man unmotorisiert ohne CO2 Ausstoß unterwegs ist, wird man noch täglich zum Prellbock für Autos gemacht…